06.05.2013 Astorga

Uuuuh, fragt mich nicht, wie meine Nacht war! Na gut, daheim faellt man ja auch nicht aus dem Bett, oder? Das weiss ich auch und rede es mir auch ein, allerdings nicht mit viel Erfolg. Ich verbringe die meiste Zeit der Nacht baeuchlinks mit ausgebreiteten Armen und Beinen, so dass ich immer ganz genau weiss, wo das Bett zu Ende ist und nicht vielleicht doch Dinge mache, die mir daheim nie passieren wuerden. Ich bin so unruhig! Aber gut, so ist es halt und schlaeft man nicht, so ruht man doch. Und irgendwie bin ich morgens doch frisch.

Ich bin ja kein kleines Dummerle und erinnere mich daran, dass ich bei unserem ersten Camino mit mir selbst gezetert habe, weil ich mir keine Zeit fuer eine Tasse Kaffee genommen hatte und dann unter Unterkoffeinierung litt. Also bin ich ja ein Fuchs und fruehstuecke noch in aller Ruhe: Kaffee, Brot, Marmelade, Butter, Saft, Kuchen - miammiammiam. Wie ich hinterher ueberhaupt noch gehen kann, weiss ich auch nicht. Eigentlich sollte man mich kugeln koennen. Aber fein wars und ich sitze wieder bei Pilgern, denen ich bisher noch nicht begegnet bin und  von denen ich ganz viele neue Dinge hoere.

Heute ist die Strecke nicht lang und bis auf die paar kurzen Stuecke, in denen es ein bisschen steiler bergauf geht, nicht anstrengend. So kommen wir auch ganz entspannt zur "Fata Morgana", machen Pause, trinken einen Yogi-Tee und unterhalten uns mit "Jesus", der sie betreibt (diese Ausdruecke uebernehme ich jetzt einfach aus meinem Buch, weil sie mir so lieb geworden sind). Er schlaeft sogar hier an seinem Stand, in dem er jedem willigen Pilger gerne gegen eine Spende mit allem versorgt, was biologisch  ist. Das ist  .... ja was eigentlich? Seine Berufung? Sein beschlossener Lebensinhalt? Seine Erfuellung? Oder irgendwie alles zusammen? Jedenfalls besitzt er nichts ( sagt er jedenfalls, aber wir fragen uns spaeter, ob er nicht irgendwo um die Ecke seinen Porsche geparkt hat) (das ist gemein, gell?) (hihihi, aber lustig!).

 

Kurze Zeit spaeter kommen wir an das Kreuz, das auf meinem Titelbild ist.

Obwohl es mir total gut geht, wehrt sich mein Koerper gegen jeden Schritt nach Astorga hinein. Es ist, als wuerde da ein "Repeat" gedrueckt werden, eine Wiederholung dessen, an was ich mich leider nur zu gut erinnere. Ich erkenne Sofort die Bank wieder, auf der ich sass und heulte wie ein Schlosshund, ich verfluche wieder diese bloede Bruecke, auf der man in Hin und Hers meilenweit ueber ein einzelnes Bahngleis gefuehrt wird, und ich bin wieder froh, als wir an die Herberge kommen. Aber diesmal bleiben wir hier und das ist die allerbeste Idee ueberhaupt!

Diese Herberge ist so schoen! Wir werden so lieb begruesst und duerfen heute Nacht  mit nur einem deutschen Ehepaar, das wir schon laenger kennen, zusammen in einem Zimmer schlafen. Uuuuund es hat Internet! Gratis! Und ich sitze hier ganz lange und tippsel vor mich hin! Und ich geniesse es! Nein, ich genoss es, denn langsam kriege ich Hunger und will Nahrung! Aber wenn ich spaeter noch einmal mag, kann ich einfach wieder hier sitzen! Heideroeslein!

Ab heute habe ich uebrigens eine Erkenntnis des Tages: Man sagt mir, dass man auf einem Wasserbett die beste partnerschaftliche gemeinsame Zeit haben kann. Aber selbst auf einem Wasserbett ist es in zwei zusammengeknuepfelten Schlafsaecken bestimmt ziemlich eng. Und in einem Schlafraum mit 30 Personen nutzt auch das beste Wasserbett nix.