27.04.2013 - Hontanas

Nach einer seeeehr unruhigen Nacht in Burgos (Heideröslein, da hatte irgendjemand draussen ganz viel seinen Spass!) tigern wir kurz vor 8.00 Uhr in Burgos los. Die Autos sind noch vom Eisregen der Nacht gefroren, aber über uns ist der Himmel blau und die Sonne scheint. Na gut, saukalt ist es trotzdem, aber mit Sonne drüber ist das gar nicht sooo schlimm. Unterwegs haben wir zwei kleine Graupelschauer, aber die sind so gut wie nix und schon mal gar nicht der Rede wert.

Als wir in Hornillos ankommen, ist es gerade erst Mittag. Aber die Herberge ist schon voll. Hm. Ich weiß ja, dass es hier notfalls auch noch die Möglichkeit gibt, in der Sporthalle zu übernachten (denke ich wenigstens, werde später aber von anderen Pilgern eines nicht eben Besseren belehrt, die auch spät am Abend noch einfach weitergeschickt wurden; die Sporthalle wird wohl erst dann freigegeben, wenn noch mehr Menschen unterwegs sind), aber da ist es heute Nacht bestimmt kuschelig tiefkühlig. Und wir haben ja noch so viel Zeit! Also beschließen wir, nach Hontans weiterzugehen.

Kinders, wenn ich gewusst hätte, was mich noch erwartet, hätte ich den nächsten Bus zurück nach Hause genommen! Ganz bestimmt und ganz ehrlich! Ich will ja nicht pfinzen, aber an heute habe ich noch ein paar Tage Spass.

 

Am Ende geht es ja auch noch. Noch ist es kalt und windig, aber trocken. Dann wird aber der Weg lang und beschwerlich. Ich habe den gar nicht mehr so in Erinnerung, weil ich ihn letztes Jahr ja ganz früh morgens gegangen bin. Da ist die Sonne über der Meseta aufgegangen, da war alles so schön und ich noch so ausgeruht. Da hat es nicht angefangen zu regenen. Aber genau das tut es jetzt. Es fängt an zu regnen, meine Beine werden schwer, der Wind bläst und ich denke noch: Hups, wo haben die denn San Bol gelassen (eine Herberge mitten im Dagibtssonstnix)? Oh, die habe ich bestimmt übersehen. Blöd, weil wenn die noch käme, würde ich dort bleiben.

Dann sehe ich die kleine Kirche in einer Kuhle und denke ... (ein Wort, das man eigenltich auf einem Pilgerweg nicht denken sollte). Von hier sind es jetzt also noch einmal sieben oder acht Kilometer. Nee, ne? Wir halten eine kleine und sehr kurze Konferenz. Helga und Guido sind dafür, bis Hontanas weiterzugehen. Und ich bin mir auch nicht so schlüssig, ob ich wirklich in San Bol bleiben will. Nachher wache ich dort mogens auf und bin schon längst im Himmel für Tiefkühlleichen. Das wäre jetzt auch nicht so prickelnd (hier muss ich abe jetzt sagen, dass alle, die in San Bol übernachtet haben, von da total begeistert sind und es Dank Holzofen kuschelig warm hatten).

Wir gehen weiter, es stürmt weiter, aber es regnet nicht weiter. Nein, der Himmel und das heilige Jakobchen meinen es gut mit uns und lassen es schneien. Aber wie! Aber das ist nicht wirklich schlimm. Wirklich schlimm ist allerdings der Matsch. Die aufgeweichte Erde hängt sich in dicken, schweren Klumpen an die Schuhe und krallt sich an ihnen fest, als ginge es umd Leben oder Tod. Heideröslein! Da achtet man sorgfältig darauf, dass die Wanderschuhe ja nicht zu schwer sind, und dann hat man kiloweise den Schlamassel dranhängen und kriegt und kriegt ihn nicht los! Ich könnte ... Nutzt aber jetzt gerade mal eben gar nix.

 

Manchmal haben meine Füße vor lauter Schmodder die mindestens doppelte Größe und sind kaum vom Boden wegzukriegen. Dann mache ich auch noch eine unglückliche Bewegung und es fährt mir in die Hüfte. Nee, ne? Das hatte ich doch schonmal! So ein Käse! Nein: So ein elendiger Matsch, so ein elendiger! Jawoll! Jetzt ist es mir gerade mal egal, was man sagen darf oder nicht! Hier pustet der Wind so laut, da hört mich ja eh niemand!

Als Hontanas endlich aus seinem Versteck auftaucht, sind wir alle drei ausgesubbelt wie Stockfische. Wir bekommen die vorletzten Betten und fallen - buff, buff, buff - wie nasse Säcke (naja, das mit dem nass ist jetzt auch noch wörtlich) auf die Matratzen und ich beschließe kurzfristig, mich nie wieder zu bewegen. So.

 

Nun hat es die Natur aber für den eigenen Körper sehr unangenehm und für die Nasen anderer sehr angenehm so eingerichtet, dass man einfach nicht warm wird, wenn man nicht geduscht hat. Ich glaube, es ist mir in meinem ganzen Leben noch nie so schwergefallen, mich meiner Kleidung zu entledigen. Am liebsten würde ich mich angezogen unters Wasser stellen, aber dann müsste ich mich ja hinterher ausziehen, wenn die Sachen nass und schwer sind. Das wäre ja jetzt auch blöd. Am Ende stehe ich unter dem heißen Wasser und kriege die Hände kaum noch hoch, um mich zu waschen. Aber Hallo! Ich bin ein gestandenes Pilgerweib und am Ende reinige ich nicht nur meinen geschundenen Körper, sondern auch noch meine Kleidung und meine Schuhe! Ha!

 

Nach dem Abendessen und ganz viel vino tinto bin ich so zum Umfallen fertig, da kann heute Nacht eine extragoße Elefantenherde neben meinem Bett eine Sambaparty veranstalten. Das kratzt mich nicht die Bohne! Und wenn mi jetzt noch ein netter, junger Mann hilft aufzustehen, komme ich vielleicht auch da noch hin - also ins Bett.